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Informationsdienst der IGE vom Juli/August 2000 Aufgrund
einer Initiative der neuen Bundesländer hatte sich die Bundesregierung im
Rahmen eines beabsichtigten Gesetzesentwurfs zu Fragen des Immobilienrechts (siehe
auch Informationsdienst vom September/Oktober 1999) mit der Frage
beschäftigt, ob die Nutzungsentgeltverordnung (NutzEV) bezüglich Freizeit-
und Erholungsgrundstücken in den neuen Ländern weiter geändert werden soll.
Insbesondere die Nutzerverbände in den neuen Bundesländern sehen hier
Handlungsbedarf, da nach ihrer Auffassung die nach der NutzEV möglichen
Pachterhöhungen ungerechtfertigt seien, weil die Gemeinden ihre Position
unter Bezugnahme auf die NutzEV ausnutzen würden und damit den ortsüblichen
Pachtzins in die Höhe treiben. Dies würde wiederum dazu führen, daß
letztendlich jedes Jahr neue Erhöhungserklärungen ausgesprochen werden
könnten und die ortsüblichen Pachtzinsen in den neuen Bundesländern bereits
jetzt höher seien als in den alten Bundesländern. Die
Bundesregierung hat zur Klärung dieser Fragen ein Gutachten in Auftrag
gegeben und sieht danach keinen zwingenden gesetzgeberischen Änderungsbedarf.
Insbesondere besteht kein Anlaß, durch eine erneute Änderung Einfluß auf die
Höhe der von den Nutzern zu zahlenden Entgelte an die Eigentümer der
Grundstücke bzw. den zeitlichen Ablauf dieser Erhöhungen zu nehmen. Vielmehr
zeige sich, daß in Anwendung der Vorschrift das angestrebte Ziel, eine
angemessene Gestaltung dieser Nutzungsentgelte in den neuen Ländern nach der
Wiedervereinigung, erreicht werden könne. In dem Gutachten wird die durch die
Nutzungsentgelte hervorgerufene finanzielle Belastung der Betroffenen als
„relativ gering" eingeschätzt. Insgesamt weisen die überwiegend zu zahlenden
Entgelte nach der NutzEV im Schnitt ein eindeutig niedrigeres Niveau auf als
die frei vereinbarten Entgelte. Auch die Zahl der Konflikte zwischen
Grundstückseigentümern und Nutzern, die innerhalb der letzten 2 Jahre zur
Höhe des Nutzungsentgelts geführt wurden, wird im Gutachten als gering
bezeichnet. Daraus
folgert die Bundesregierung, daß die Forderungen nach einer Begrenzung des
Entgeltniveaus, die von einer durch ständige Entgelterhöhung ausgelösten
hohen finanziellen Belastungen der Nutzer ausgingen, auf nicht zutreffenden
Voraussetzungen basieren. Dem gegenüber argumentieren die Nutzerverbände
nunmehr, daß das Gutachten nicht repräsentativ sei, da die zugrundeliegende
Umfrage in den Monaten Juli und August vorigen Jahres durchgeführt wurde und
dementsprechend die Mehrheit der Datschennutzer, die Rentner, sich zu der
fraglichen Zeit auf ihrer Datsche befunden hatten und telefonisch überhaupt
nicht erreichbar gewesen sind. Gerade diese Nutzer würden die jährlichen
Pachterhöhungen aber besonders treffen. Außerdem hätten die Datschennutzer in
der Regel für die Werterhöhung des Grundstücks gesorgt und müßten nunmehr bei
Ausstieg aus dem Nutzungsvertrag noch 50 % der Abrißkosten ihrer Lauben
tragen. Diese
Argumentation der Nutzerverbände ist höchst einseitig, da das Gutachten
keineswegs nur bestimmte Nutzergruppen erfaßt und es auch nicht den Tatsachen
entspricht, daß die Pächter bei Kündigung des Nutzungsvertrages regelmäßig
die Hälfte der Abrißkosten der Datsche tragen müßten. Weshalb ein Ausgleich
für die möglicherweise eingetretenen Werterhöhungen über die NutzEV erfolgen
soll, ist ebenfalls nicht verständlich. Die ehemals geschlossenen Verträge zu
Erholungszwecken nach dem ZGB sahen regelmäßig keinen Ausgleich für
Werterhöhungen vor, so daß auch kein Grund erkennbar ist, weshalb jetzt den
Nutzern mehr Rechte eingeräumt werden sollten, als ihnen nach den
gesetzlichen Bestimmungen der ehemaligen DDR zugestanden hätten. Die IGE
geht jedenfalls davon aus, daß die NutzEV nicht nochmals geändert wird,
obwohl die Nutzerverbände nunmehr einen Forderungskatalog in den Bundestag
eingereicht haben und dabei auf die Unterstützung der Fraktionen rechnen. II.
Vermögensrechtsergänzungsgesetz beschlossen Der
Bundesrat hat am 14. Juli 2000 dem vom Bundestag beschlossenen Vermögensrechtsergänzungsgesetz
(VermRErgG) zugestimmt. Das Gesetz entspricht im wesentlichen dem vom
Bundeskabinett bereits am 1. September 1999 vorgelegten ersten Entwurf, den
wir in unserem Informationsdienst vom September/Oktober 1999 eingehend besprochen
hatten. Insbesondere sieht das Gesetz auch weiterhin die ersatzlose und
rückwirkende Streichung der Ersatzgrundstücksregelung nach § 9 VermG sowie
die Regelung der Gewährung einer Entschädigung für entzogene bewegliche
Sachen vor. Wesentliche Änderungen gegenüber dem ersten Entwurf sind
lediglich bei den Regelungen zum Ausgleichsleistungsgesetz und der
Flächenerwerbsverordnung erfolgt. Dort wurde insbesondere auf Betreiben der
Naturschutzverbände und auf Druck der Grünen eine kostenlose Abgabe von 50.000
ha land- und forstwirtschaftlichen Flächen aus den zur Verfügung stehenden zu
privatisierenden Flächen, die sich im Naturschutzgebieten, Nationalparks und
in Bereichen von Biosphärenreservaten befinden, aufgenommen. Weitere 50.000
ha der vorbenannten Flächen können von den Ländern bevorzugt getauscht oder
zum Verkehrswert erworben werden. Die
Bundesregierung hat in der abschließenden Beratung zur Begründung für die
ersatzlose Streichung der Ersatzgrundstücksregelung lediglich die Begründung
zum ersten Entwurf des VermRErgG (siehe Infodienst September/Oktober 1999)
wiederholt und ist auf teilweise berechtigte Einwände nicht eingegangen.
Hierzu hatte u.a. der Abgeordnete der FDP, Rainer Funke ausgeführt, daß das
Recht auf Bereitstellung eines Ersatzgrundstückes durch die Eigentumsgarantie
des Grundgesetzes und durch die „Gemeinsame Erklärung zur Regelung offener
Vermögensfragen" geschützt ist. „Wenn es so leicht ist, sich über den
Einigungsvertrag und die Gemeinsame Erklärung hinwegzusetzen, dann kann ich
diejenigen verstehen, die sich auch hinsichtlich des sogenannten
Restitutionsverbotes für Bodenreformflächen nicht an den Einigungsvertrag und
an die Vereinbarung von damals gebunden sehen." Trotz dieser erheblichen
Bedenken, die unserer Einschätzung der Rechtslage entspricht, wurde das
Gesetz verabschiedet. Die
Bundesregierung argumentiert dabei im wesentlichen damit, daß die
Verpflichtung in Art. 41 Abs. 3 des Einigungsvertrages, keine
Rechtsvorschriften zu erlassen, die der Gemeinsamen Erklärung vom 15. Juni
1990 widersprechen, nur hinsichtlich möglicher Verstöße gegen Interessen der
DDR und ihrer Bürger bestehe. Diese Auffassung ist jedoch nicht richtig, weil
die Ersatzgrundstücksregelung keineswegs ausschließlich zugunsten der
Alteigentümer geschaffen wurde. Vielmehr sollte damit die Konfliktsituation
entschärft werden, wie sie typischerweise nur in Fällen des redlichen Erwerbs
auftritt. Der Interessenwiderstreit zwischen dem Restitutionsinteresse des
ehemaligen Eigentümers und dem Interesse des Erwerbers, daß von ihm erworbene
und bewohnte Eigenheim behalten zu dürfen, sollte durch die Überlassung eines
Ersatzgrundstückes aufgelöst werden. Dementsprechend ist die
Ersatzgrundstücksregelung auch auf das schutzwürdige Interesse der DDR-Bürger
gerichtet und darf demzufolge nicht gestrichen werden. Soweit
die Bundesregierung weiterhin ausführt, daß durch die Entscheidungen des
Bundesverwaltungsgerichts die redlichen Erwerber erneut verunsichert werden,
stellt diese eine völlige Verkennung der Tatsachen dar. Zum einen wird dabei
verkannt, daß es gerade wegen der gesetzeswidrigen Praxis der Vermögensämter
seit Inkrafttreten des Vermögensgesetzes nicht zu dem mit der
Ersatzgrundstücksregelung bezweckte sozialverträglichen Ausgleichs zwischen
Eigentümer und redlichen Erwerber gekommen ist. Zum anderen ist auch in
keiner Weise erkennbar, wie durch den Vollzug der Ersatzgrundstücksregelung
die redlichen Erwerber verunsichert werden, da diese ja ihre Grundstücke
behalten können und in das anschließende Entschädigungsverfahren, in dem das
Ersatzgrundstück bereit gestellt werden muß, nicht einbezogen sind. Hier
werden in unverantwortlicher Weise die Befindlichkeiten der Nutzer in den
neuen Bundesländern vorgeschoben, um letztlich allein fiskalische Interessen
durchzusetzen. Die IGE
ist auch weiterhin davon überzeugt, daß die ersatzlose Streichung des § 9
VermG verfassungswidrig ist und wird sich daher dafür einsetzen, ggf. im
Rahmen einer Verfassungsbeschwerde die Nichtigkeit dieses
„Reparaturgesetzes" feststellen zu lassen. Dies um so mehr, als es die
Bundesregierung unterlassen hat, entgegen der bisherigen parlamentarischen
Sitte den Gesetzesbeschluß zurückzustellen, bis das Bundesverfassungsgericht
über die Verfassungsbeschwerden gegen des EALG entschieden hat. Dort befinden
sich auch wesentliche Teile des jetzt überarbeiteten
Ausgleichsleistungsgesetzes auf dem Prüfstand des Grundgesetzes. Das
Bundesverfassungsgericht hat zwischenzeitlich - offenbar aufgrund der jetzt
erfolgten Gesetzesänderung - die Verkündung des Urteils bezüglich des EALG
auf November diesen Jahres verschoben. III.
Keine Zustimmung des Bundesrates zum Grundstücksrechtsänderungsgesetz Der
Bundesrat hat am 14. Juli 2000 dem Gesetz zur Änderung des Rechts an
Grundstücken in den neuen Ländern nicht zugestimmt. Das auf einen Entwurf der
Regierungsparteien zurückgehende Gesetz sollte vor allem die Entscheidung des
Bundesverfassungsgerichts aus dem Jahre 1998 zur Nutzungsentgelteregelung
zugunsten der Grundstückseigentümer für den Zeitraum vom 22.07.1992 bis
31.12.1994 umsetzen. Wie in
unserem letzten Informationsdienst mitgeteilt, sollte die verfassungswidrige
Regelung des Besitzrechtsmoratorium in Art. 233 § 2 a EGBGB geändert werden.
Die Frist zur Umsetzung dieser Entscheidung, die das Bundesverfassungsgericht
dem Gesetzgeber zugebilligt hat, ist bereits am 30.06.2000 abgelaufen.
Offenbar halten es nunmehr die gesetzgebenden Organe in der Bundesrepublik
nicht mehr für nötig, entsprechende Vorgaben des Bundesverfassungsgerichts
umzusetzen. Dies zeigt einmal mehr, daß der „Rechtsstaat" immer mehr dem
„Recht nach Kassenlage" weichen muß. IV.
Stichtagsregelung in § 121 Abs. 2 Sachenrechtsbereinigungsgesetz bestätigt! Das
Bundesverfassungsgericht (BVerfG) hat Verfassungsbeschwerden von insgesamt 73
Nutzern von Eigenheimen in der ehemaligen DDR betreffend die
Verfassungsmäßigkeit der Stichtagsregelung in § 121 Abs. 2 lit. b
Sachenrechtsbereinigungsgesetz (SachenRBerG) nicht zur Entscheidung
angenommen. In § 121
Abs. 2 SachenRBerG wird über den eigentlichen Regelungszweck des SachenRBerG
hinaus auch denjenigen Nutzern Rechte nach der Sachenrechtsbereinigung
eingeräumt, die aufgrund eines vor dem 19.10.1989 geschlossenen Miet-, Pacht-
oder sonstigen Nutzungsvertrags ein Eigenheim am 18.10.1989 genutzt, über
dieses bis zum Ablauf des 14.06.1990 (Stichtag) einen wirksamen Kaufvertrag
geschlossen und das Eigenheim am 01.10.1994 zu eigenen Wohnzwecken genutzt
haben. Die Beschwerdeführer sind Nutzer von Ein- oder
Zweifamilienhausgrundstücken über die sie nach dem 14.06.1990 Kaufverträge
geschlossen haben. Mit den Verfassungsbeschwerden rügen die Nutzer
insbesondere die Verletzung der verfassungsrechtlichen Eigentumsgarantie und
des allgemeinen Gleichheitssatz. Die ausnahmslose Anwendung des Stichtags
(14.06.1990) bedeute eine verfassungswidrige Enteignung, wobei den
Beschwerdeführern ihre kaufvertraglich begründeten Eigentumspositionen
entzogen würden und ein qualifizierter Enteignungszweck nicht vorliege. Auch
nach der Gemeinsamen Erklärung der beiden deutschen Regierungen zur Regelung
offener Vermögensfragen vom 15.06.1990 habe noch kein Alteigentümer damit
rechnen können, in naher Zukunft sein früheres Eigentum zurückzuerhalten.
Außerdem bewirke die Stichtagsregelung eine verfassungswidrige
Ungleichbehandlung gegenüber denjenigen Grundstückserwerbern, die vor dem
18.10.1989 Eigentum erworben hätten oder in den Genuß des
Redlichkeitsschutzes des § 4 Abs. 2 VermG kämen. Das
BVerfG hat mit Beschluß vom 28.03.2000 ausgeführt, daß die
Verfassungsbeschwerden keine grundsätzliche verfassungsrechtliche Bedeutung
und auch keine Aussicht auf Erfolg haben. Die angegriffene Regelung des § 121
Abs. lit. b SachenRBerG verletzt keine Grundrechte. Ein Verstoß gegen die
verfassungsrechtliche Eigentumsgarantie kommt von vornherein nicht in
Betracht, weil § 121 SachenRBerG regelmäßig voraussetzt, daß die
Rückübertragung des Eigentums nach dem VermG erfolgt ist. Diese der
Sachenrechtsbereinigung zeitlich vorangehende Restitution des Eigenheims oder
Eigenheimgrundstücks führt zum Erlöschen von kaufvertraglichen
Erfüllungsansprüchen. Nach erfolgter Rückübertragung stehen den Käufern der
Eigenheime oder Grundstücke insoweit also Eigentumspositionen, in die der
Gesetzgeber eingreifen könnte, nicht mehr zu. Die
Stichtagsregelung ist auch mit dem allgemeinen Gleichheitssatz von Eine
Gleichbehandlung sämtlicher Käufer der in Rede stehenden Eigenheime und
Eigenheimgrundstücke war auch nicht deshalb geboten, weil es oftmals vom
Zufall abhing, ob der einzelne Kaufinteressent vor oder nach dem Stichtag des
14.06.1990 einen Beurkundungstermin bekam. Der Gesetzgeber mußte auf diese
praktischen Schwierigkeiten, die wegen der Überlastung der wenigen Notariate
bestanden, nicht eingehen, sondern durfte bei dem von ihm vorzunehmenden
Ausgleich den Rechtszustand zugrundelegen, den er im Zeitpunkt der
Verabschiedung des SachenRBerG vorfand. Auch wenn
diese Entscheidung in Hinblick auf den Versuch zur weiteren Ausweitung des
Nutzerschutzes begrüßenswert ist, hat jedoch das BVerfG inzident die
Nutzeransprüche bis zum 14.06.1990 als verfassungsgemäß eingeschätzt. Damit
dürfte aber weiteren Verfassungsbeschwerden von Grundstückseigentümern gegen
§ 121 SachenRBerG möglicherweise die Grundlage entzogen sein. |